Anders als die meisten Säugetiere haben wir kein dickes Fell, sondern nur ein ganz feines, luftiges und durchsichtiges Haarkleid. Ob wir nun an einen gütigen Gott glauben wollen, der uns zu unserem Wohle so erschaffen hat, oder an die Evolution, in deren Verlauf sich unsere fast nackte Haut besonders bewährt hat, kommt auf dasselbe heraus.
Tatsache ist, dass unsere menschliche Art mit ihren ungewöhnlichen Merkmalen — dem aufrechten Gang, dem großen Gehirn und dem nur noch andeutungsweise vorhandenen Fell — ein noch nie dagewesenes Entwicklungspotential bewiesen hat. Und es ist doch wohl klar, dass wir alle unsere Möglichkeiten entwickeln und nutzen!
Wir gehen aufrecht und haben die Hände frei für den Umgang mit Tieren und Pflanzen, für handwerkliche Tätigkeit und Kunst, aber auch für Tanz und Spiel -- für so viele reizvolle Tätigkeiten! Mit den empfindungsstarken Hautsinnen der Fußsohle bleibt der Kontakt zur "alten Mutter Erde" bestehen, doch mit den Händen gestalten wir unsere eigene, vielseitige Welt. Das nötige Hirnschmalz dafür haben wir ja!
Nach gängiger Auffassung führt das Überleben der am besten Angepassten innerhalb einer Art zu deren Fortbestand und zur Anpassung an sich ändernde Bedingungen. Beschleunigt wird die Evolution durch Bildung neuer Symbiosen innerhalb einer zunehmenden Artenvielfalt. Dabei war der Mensch besonders erfolgreich, hat er doch Tausende von Kulturpflanzen und Haustieren domestiziert und eine innige Beziehung zu diesen Kreaturen entwickelt. Und das hat unsere Kultur überhaupt entstehen lassen. Die ältesten Höhlenmalereien zeigen -- Tiere und Pflanzen !!
Inzwischen erfolgt die Evolution unseres Gedankenguts
viel schneller als die unseres Erbguts, folgt aber dem gleichen Grundsatz
von Abänderung, Neukombination und Auslese. Die Weiterentwicklung von
Kenntnissen und Strategien sichert und verbessert unsere Existenzgrundlagen
im Symbiosenetzwerk der Natur.
Gewiss erforderte die Domestizierung der Tiere durch unsere Vorfahren ein besonderes Einfühlungsvermögen. Bei Bildung enger Beziehungen spielen die Hautsinne bekanntlich eine große Rolle. Also sind wir "dünnfellig" geworden, haben aber am ganzen Körper die feinen Härchen behalten (auch -- fast unsichtbar -- die Frauen und Kinder), mit denen wir über das Haarbalggeflecht Berührungen schon spüren, bevor sie die Körperoberfläche erreichen. Wir haben das Fell nicht ganz verloren, es hat sich in ein sensibles Sinnesorgan umgewandelt. Wärme, Kälte, Berührung, Vibration spürt die nackte Haut ganz direkt ohne Isolierschicht und wir können ohne Zeitverzug auf diese Reize reagieren. Die Haut ist eines unserer wichtigsten Organe zur Wahrnehmung unserer Umwelt geworden und sollte kein Schattendasein unter künstlichen Deckschichten fristen!
Um unser Leben zu meistern und unsere Art zu erhalten,
dürfen wir alle Sinne der nackten Haut zum Einsatz kommen lassen.
Ebenso ist es auch legitim, die Wolle, Naturfasern etc. unserer Symbiosepartner (Haustiere und Kulturpflanzen) zu benutzen, um daraus
Kleidung zu machen, die bei kalten Temperaturen den Mangel an Fell ausgleicht. Es ist für
uns Menschen ein einzigartiger Vorteil, dass wir in jeder Situation wählen
können, ob nackt oder bekleidet sein besser für uns ist.
Es wird dabei bleiben, dass die am besten an die Umwelt Angepassten die Zukunft unserer Art bestimmen. Dabei hilft es wenig, dem Zeitgeist hinterherzulaufen, wir müssen unsere Sache und die unserer Kinder schon selbst in die Hand nehmen. Weil das nicht ganz einfach ist, müssen wir alle unsere Sinne dafür einsetzen -- das ist schon seit Jahrtausenden so und wird weiterhin gültig bleiben. Ein toleranter und undogmatischer Naturismus bewertet sensible Nacktheit ebenso positiv wie den Schutz durch Kleidung, wenn dieser notwendig ist. Wir brauchen Offenheit, um immer den richtigen Weg einschlagen zu können.
1. Freie Nervenendigungen (Schmerz)
2. Tastscheiben
3. Tastkörperchen
4. Endkolben (Kälte)
5. Endplatten (Wärme)
6. Haarbalggeflecht (Berührung, Wind)
7. Lamellenkörperchen (Druck)
Ein Beispiel für
das perfekte Funktionieren der Hautsinne
stellt die Wärmeregulation der Haut
dar. Vom Tauchbecken der Sauna weiß man, wie schnell ein Kältereiz die
Wärmeproduktion der Haut ankurbeln kann. Perfekt werden auch die männlichen
Keimdrüsen auf der idealen Temperatur gehalten, die einige Grad unter der
Körpertemperatur liegt. Wenn es warm ist, dehnt sich der Hodensack, so dass
ein größerer Abstand von der warmen Körpermitte für Kühlung sorgt, Fühlt man
sich kalt, werden die Hoden an den Körper herangezogen und gewärmt. Die
lächerliche Verteufelung der männlichen Organe durch Teile unserer
Gesellschaft zwingt diese jedoch permanent in enge Kleidung, so dass diese
Regulation nicht funktioniert. Letztendlich geht die Überwärmung der
Keimdrüsen auf Kosten der Zeugungsfähigkeit -- weil ein natürliches
Regulativ unterdrückt wird! Die am besten an die Kleiderordnung unserer
Gesellschaft Angepassten sind also in ihrem Fortpflanzungserfolg
eingeschränkt -- und somit nach Darwins Gesetz vom Aussterben bedroht.