Streetlife-Festival München, Sep. 2007
München, 15. Sep. 2007 Seit fast zwei Stunden arbeiten wir schon am Aufbau des Barfußparks am Münchner Siegestor. 14 verschiedene Materialien liegen auf dem Rundkurs von etwa 50 Metern, und nun kommt als neue Attraktion noch die Tannenzapfenstrecke dazu. Dafür habe ich eigens einen Rahmen gebastelt, den man zerlegt transportieren und ganz einfach wieder zusammenstecken kann. Und natürlich war ich im Wald und habe fleißig Zapfen gesammelt. Und nun ist das Werk fertig. Ohne Silvia von Green City hätten wir das nicht geschafft. Diese ruhige, freundliche, und dennoch zielstrebige junge Frau ist meine starke Partnerin bei dieser Aktion. Völlig unaufdringlich wirkt ihr Organisationstalent, sie trifft die nötigen Entscheidungen -- und gerade ihre Bescheidenheit verleiht ihr Autorität. Und alle Helfer arbeiten gerne mit an der Umwandlung einer öden Verkehrsinsel in einen Freizeitpark. Und jetzt liegen die Tannenzapfen in ihren Rahmen. Selbstverständlich zieht es den Leuten bei diesem Anblick gleich die Schlappen aus und jeder möchte sofort auf freiem Fuß leben! |
Bayerische Sinnesfreuden | Der Andrang der Unbeschuhten ist riesig -- obwohl ihnen
nichts erpart bleibt! Denn es geht über Kiesel verschiedener Größen, über Rundhölzer,
Holzschnitzel, Kastanien (die man gottlob nicht aus dem Feuer holen muss) und natürlich
über Glasscherben. Man gönnt sich ja sonst nichts! Dazwischen gibt's auch noch Heu,
Thujenzweige, Grassamen und Sand, damit auch die Weicheier auf ihre Kosten kommen.... Aber
ein echtes Münchner Kindl ist kein Weichei! Es gilt der Grundsatz: "A Guater
vertragt's, und um an Schlechten is net schad!" |
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Lebensgenuss auf freien Füßen
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München, 16. Sep. 2007 In Wirklichkeit sind die Materialien des Sinnespfads viel angenehmer als die Gefangenschaft der Füße in engen Schuhen. Und so sieht man schöne Bilder der Menschen, die ihre Freiheit genießen. Fasziniert schaue ich einem Mädchen zu, das zu den Klängen einer in der Nähe spielenden Band über den Sinnespfad tanzt. Halb Kind, halb Frau, mit einem Luftballon unter dem Arm, aber im persönlichen Stil gekleidet und ganz der schönen Situation hingegeben, bewegt sie sich fast schwerelos über den Parcours auf der begrünten Verkehrsinsel. Immer wieder hört man Klagen über Jugendliche in der Pubertät, doch hier tritt das Jungsein sehr positiv und überzeugend in Erscheinung. So sehen Menschen aus, denen die Zukunft gehört! Auf der Brust trägt dieses Mädchen eine ganz wichtige Botschaft. Liebe Leute, nutzt die Chance, einzigartig zu sein! |
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Während die jungeTänzerin auf dem Barfußpfad ihren eigenen
Weg fíndet, lernen andere Menschenkinder gerade das Laufen. Und das ist wahrhaftig die
wichtigste Sinneserfahrung unseres Werdegangs! Schon beim Kleinkind ahnt man die Weiterentwicklungen des aufrechten Gangs: später geht es um kraftvolles Klettern am Überhang oder präzises Abstoßen beim Wurf auf den Basketballkorb. |
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Innerstädtische Lebensqualität | Vor dem gefälligen Grün in den Pflanzkübeln, die heute auf
der sonst so öden Verkehrsinsel stehen, stellen die Aktiven von Plant for the Planet ihr
Projekt vor. Das ehrgeizige Ziel dieser Aktion ist, weltweit eine Milliarde Bäume zu
pflanzen. Und nicht nur die Umgebung des Barfußparks am Siegestor, sondern die ganzen
zweieinhalb Kilometer des autofreiem Straßenzugs gehören solchen zukunftsweisenden
Initiativen. So findet das richtige Leben seinen Platz in der Stadt. Überall ist ein ganz starker Wille zu spüren, eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. Artenschutz, Klimaschutz, Umweltschutz, Gesundheit, fairer Handel, kultureller und sozialer Fortschritt, das sind die Themen, die an diesem Wochenende 250 000 Menschen ansprechen. Und daneben kommen Spaß und Spiel, Bewegung und Aktivität für jedermann nicht zu kurz! An diesem Wochenende gilt nicht das Gesetz der modernen Stadt, nach dem sich alles dem Verkehrsfluss unterordnen muss. Neue, ganz besonders wertvolle Freiheiten werden spürbar. Und schon sind die Leute viel lockerer als in der Hetze des Alltags. Sie entdecken die Freiheit, selbst über die Verkehrsflächen zu verfügen und da auch ganz ungewöhnliche Dinge zu erleben. So herrscht auch auf dem Barfußpark am Siegestor großer Andrang, denn jeder will mal aus den Latschen raus und ein paar Runden über den Parcours mit den verschiedenen Materialien gehen. Und damit nicht genug: zwischen den 500 000 Füßen, die an diesem Wochenende den 2,5 km langen, autofreien Straßenzug bevölkern, blitzen immer wieder besonders freiheitsliebende Paare hervor. Auch das ist ein Ausdruck der lockeren Atmosphäre und des Wohlbefindens auf dem Streetlife-Festival! |